Mode aus Algen – Wege zu einer nachhaltigen Textilwirtschaft

in Kooperation mit

Video vom Livestream, 11.November

Ein BürgerWissenschaftsDialog über innovative Materialien, Chancen und Herausforderungen nachhaltiger Mode 

Immer mehr Verbraucher:innen verlangen nach Produkten, die umweltfreundlich sind und nachhaltig produziert werden. Das gilt in besonderem Maße auch für Textilien und Mode. Noch machen Chemiefasern den Löwenanteil aller Textilfasern weltweit aus. Doch ein Umdenken ist im Gange. Im Labor, im Designstudio und im Textilunternehmen – immer mehr Akteure haben sich zum Ziel gesetzt, biobasierte Rohmaterialien zu nutzen.  

Algen als Beispiel für innovative neue Rohstoffquellen in der Textilindustrie 

Algen und andere natürliche Ressourcen als nachhaltige Rohstoffquelle erschließen – das ist eines der Ziele, dem sich der Innovationsraum BIOTEXFUTURE widmen will. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über fünf Jahre geförderte Konsortium wird gemeinsam von der RWTH Aachen und adidas geleitet. Eines der hier geförderten Projekte ist Algaetex, an dem auch Wissenschaftler des Fraunhofer IGB und der Universität Bayreuth beteiligt sind. Gemeinsam wollen sie einen technisch machbaren Weg aufzeigen, wie aus Algen Materialien für textile Anwendungen hergestellt werden können: sogenannte thermoplastische Biopolymere.
Im Rahmen des Projekts mehrere Prozessrouten unter die Lupe genommen, die einen möglichst hohen Anteil an algenbasierten Rohstoffen nutzen. Diese neuartigen Biopolymere werden schmelzgesponnen und zu hochwertigen textilen Demonstratoren mit Relevanz für die Sportartikelindustrie – wie gestrickten Schuhoberteilen oder T-Shirts – verarbeitet. 
 

Schnell wachsende junge Mode-Community mit Fokus auf Nachhaltigkeit 

Neben den forschungsorientierten Akteuren existiert bereits eine schnell wachsende, junge Mode-Community, die mutig mit neuartigen Naturmaterialien und alternativen Herstellungsprozessen experimentiert. Manche davon treten schon als kleines Unternehmen in Erscheinung, andere bringen ihre Fähigkeiten vorerst im Rahmen ihres Studiums zum Einsatz.   
Einige dieser kreativen Köpfe sind mit besonderen Einzelstücken in der Ausstellung NaturFutur vertreten. So verzichten Essi Johanna Glomb und Rasa Weber (Blond & Bieber) auf erdölbasierte Farben und setzen für ihre Prints stattdessen Farbpigmente von Mikroalgen ein.  
Junge Designer:innen und nachhaltige Modelabels zusammenzubringen, das geschieht unter anderem auf der Green Fashion Fair in Berlin. Vom 10. bis 12. September fand sie dieses Jahr als Teil der Berlin Fashion Week 2021 statt. Experten und Kreative aus dem Bereich nachhaltige Mode stellten aktuelle Beispiele vor, es gab Showrooms für nachhaltige Labels und innovative Materialien sowie zahlreiche Events zum Thema, die von Claudia Albrecht, einer der Gründerinnen der Green Fashion Fair, gemeinsam mit Partnern kuratiert wurden. 

Herausforderung Markt, Produktion und Kreislaufwirtschaft 

All die Akteure eint die Frage, wie sich diese Ansätze im großen Maßstab zu den Verbraucher:innen bringen lassen. Die neuen Materialien müssen sich im Herstellungsprozess bewähren und den Ansprüchen des jeweiligen Produkts gerecht werden. Die Produktion der Rohstoffe selbst ist zudem eine eigene Wissenschaft für sich. Algen etwa werden in speziellen Photobioreaktoren unter Lichteinfluss zum Wachsen gebracht, jede Algenart braucht eigene Bedindungen. Für die Lebensmittelindustrie gibt es bereits große Anlagen, für textile Anwendungen sind sie noch nicht großflächig im Einsatz.

Darüber hinaus wird der Gesamtkreislauf eines Materials immer wichtiger. Circular Economy ist in der Textilwirtschaft ein großes Thema. Die Erkenntnis: Designer können bereits ganz am Anfang den Grundstein für eine gelungene Kreislaufwirtschaft legen. Achten sie darauf, dass die verwendeten Materialien sortenrein sind und am Ende des Lebenszyklus der Produkte entsprechend getrennt werden können und problemlos wieder in den Stoffkreislauf zurückkommen, ist die wichtigste Voraussetzung erfüllt. Deshalb ist es von herausragender Bedeutung, Materialien und ihre Eigenschaften genau zu kennen, zu wissen, wie sie kombiniert werden und wie die einzelnen Bestandteile wieder voneinander getrennt werden können. In welchem Umfang und wie neue Materialien wieder- und weiterverwertet werden können, ist aber vielfach noch unklar.  

Mit Algen-Experten, Mode-Enthusiasten und Textilforschern diskutieren

In dieser Ausgabe von „Bioökonomie im Gespräch“ sollen all diese Aspekte auf den Tisch kommen. Algen-Experten, Mode-Enthusiasten und Textilforscher treffen aufeinander und stellen sich den Fragen interessierter Verbraucher:innen und Konsument:innen in einem BürgerWissenschaftsDialog. 

Dafür haben wir folgende Gäste vor Ort: 

  • Marco Schmitt & Christoph Heckwolf, Lehrstuhl für Soziologie mit dem Schwerpunkt Technik- und Organisationssoziologie, RWTH Aachen & Vertreter des Innovationsraums BIOTEXFUTURE mit Projekt AlgaeTex & Claudio Flores, Mimotype Technologies GmbH (Projekt GOLD)
  • Johannes Kopton, Algenexperte und Biotech-DiY-Enthusiast im Verein Öko-Progressives Netzwerk e.V. 
  • Claudia Albert, Mitgründerin, Green Fashion Fair 
  • Essi Glomb & Rasa Weber, Studio Blond & Bieber

Die Veranstaltung fand am 11. November 2021 live mit einer begrenzten Anzahl von Publikum im Naturkundemuseum statt, wurde aber auch per LIVESTREAM ab 18 Uhr übertragen, Aufzeichnung siehe oben.