Stadt – Land – Vielfalt

Themenschwerpunkt der vierten Woche

Die Urbanisierung nimmt weltweit zu, auch hierzulande. Fast ein Drittel der deutschen Bevölkerung lebt bereits in einer Großstadt mit mehr als 100.000 Einwohnern. Diese Ballung bringt nicht nur eine Konkurrenz um Wohnraum mit sich, sondern sie stellt uns vor die grundsätzliche Herausforderung, die vielschichtigen Bedürfnisse von Mensch und Natur auf begrenzter Fläche zusammenzuführen. Wohnraum für Menschen zu schaffen, ist das eine. Doch was ist mit Tieren und Pflanzen? Finden ihre Bedürfnisse ausreichend Berücksichtigung? Und welche Maßnahmen sind für Klimaanpassung und Ernährungssicherung zu treffen?  
Immer häufiger werden Fragen wie diese mit der „grünen Stadt der Zukunft“ beantwortet. Vielerorts noch in der Planung, in manchen Regionen bereits in der Realisierung. Die Vorstellungen über den Weg dorthin sind nicht deckungsgleich, der inhaltliche Kern ist es nahezu. Im Wesentlichen geht es darum, eine vielfältige, grüne Infrastruktur zu entwickeln, von deren Ökosystemdienstleistungen Mensch und Natur profitieren können.   

Profitieren im finanziellen Sinn steht dabei nicht im Vordergrund. Vielmehr geht es darum, die urbane Lebensqualität mit sozialen und ökologischen Elementen zu steigern. Wichtiger Bestandteil dessen sind Parks und Wiesen mit Wasserstellen. Diese Orte bringen Menschen zu Gesprächsrunden, Freiluftschauspiel und Sporteinheiten zusammen, sie ermöglichen gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe. Sie sind auch ein Hort der
biologischen Vielfalt, die in Städten wie auch auf dem Land seit Jahrzehnten stark zurückgeht.
Zugleich kühlen Wasserstellen und Pflanzen die Luft ab, sie befeuchten und reinigen sie – wichtig für die Gesundheit aller Lebewesen.

Neben Bäumen meistert Moos diese Aufgaben besonders effektiv. In vertikaler, platzsparender Ausrichtung findet man das krause Grün deshalb in immer mehr Ballungszentren. Häufig mit ausgeklügelter Technik dahinter: Hinter der dichten Moosschicht sind Ventilatoren angebracht. Diese saugen die warme, verschmutzte Luft an, sie strömt durch die Moosschicht und tritt gesäubert und abgekühlt an der Rückseite heraus. Zusätzlich steuern Sensoren die Moosversorgung und liefern Umweltdaten in Echtzeit.

Ein weiteres Element der grünen Zukunftsstadt ist eine nachhaltige, vielseitig nutzbare Architektur. Häuser können mehrere Generationen beherbergen, Platz für Kinderbetreuung und Homeoffice bieten und zugleich ein Ort sein, an dem Lebensmittel erzeugt werden. Kräuter in Nährlösung unter LED-Licht, Tomaten im Hochbeet und Mikroalgen im kleinen Bioreaktor auf dem Dach – die Liste neuer, biobasierter Möglichkeiten ist lang.  
Zudem kann die Bioökonomie einen wichtigen Beitrag in puncto nachhaltige, innovative Baustoffe leisten. Zwei davon sind in der Ausstellung zu sehen. Der futuristische Pavillon, der in einem gemeinsamen Projekt der Universitäten Stuttgart und Freiburg entwickelt wurde, besteht zum Großteil aus Flachsfasern. Ihre Festigkeit entspricht etwa zu einem Drittel der von Karbonfasern. Bei der Struktur ließen sich die Forschenden von Kakteen inspirieren. Das Modell des Wissenschafts- und Kunstkollektivs MY-CO-X um die Mikrobiologin Vera Meyer besteht im Original aus einer Sperrholzkonstruktion, die 300 wabenförmige Pilzmyzel-Elemente miteinander verbindet. Dabei handelt es sich um Pilz-Stroh-Verbundstoffe, die komplett biologisch abbaubar sind. Die Wandteile wurden mit Zunderschwamm, ebenfalls ein Pilz, ausgefüllt.   

Illustration: Miriam Barton

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